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Warum Deko-Stops bei Dekotauchgänge?

Geändert von andreas78,
30.06.2016 00:37

Hallo Tek-Taucher,

ich bin (noch) kein Tek-Taucher. Ich lese aber gerade ein Buch über Deko-Theori und mir ist dabei eine Frage eingefallen:
Warum werden Stops gemacht bei Deko-Tauchgänge? Wäre es nicht besser ständig langsam aufzusteigen?

Statt folgende Stops einzulegen (fiktiver Tauchgang):
5 Minuten auf 15 Meter
10 Minuten auf 12 Meter
30 Minuten auf 9 Meter
60 Minuten auf 6 Meter

Wäre folgendes nicht besser:
Aufstiegsgeschwindigkeit 15 bis 12 Meter: 0,6 Meter/Minute (3 M/5 Min)
Aufstiegsgeschwindigkeit 12 bis 9 Meter: 0,3 Meter/Minute (3 M/10 Min)
Aufstiegsgeschwindigkeit 9 bis 6 Meter: 0,1 Meter/Minute (3 M/30 Min)

In dem Buch wurde diese Frage nicht wirklich beantwortet. Ein bekannter TL konnte mir auch kein richtiges Antwort auf die Frage geben.

Zugegen, eine Aufstiegsgeschwindigkeit von 0,1 M/Min einzuhalten wäre bestimmt eine Herausforderung, aber warum nicht mindestens jeden Meter ein Stop einlegen, also satt 30 Min auf 9 Meter:
10 Min auf 9 Meter
10 Min auf 8 Meter
10 Min auf 7 Meter.

 Welche Vorteile hat diesen "Ruckartigen" Aufstieg alle 3 Meter?

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diverhans...autark
30.06.2016 02:28

Stichwort(e): Exponentilafunktion vs. Abbildung / Machbarkeit

30.06.2016 09:55

Wieso steht das nicht im Forum Ausbildung?

30.06.2016 10:02

Die konkreten Dekostufen lassen sich besser und sicherer tauchen.

Der Grund liegt imho aber auch darin, dass durch die Stopps im Wechsel mit Aufstiegen, die Gewebe immer mal einen maximal verträglichen Diffusionsgradienten erfahren und damit die Inertgasabgabe phasenweise noch verträglich beschleunigt wird, und die gleichzeitige weitere Aufsättigung der langsamen Gewebe verringert wird. Ich weiß nicht mehr wo, aber ich erinnere mich in einer Arbeit gelesen zu haben, dass diese Art der stufenweisen Dekompression messbar effektiver ist.

ramklovApnoeTL, TL**
30.06.2016 10:51Geändert von ramklov,
30.06.2016 10:52

Ständig langsam aufzusteigen, so dass gerade keine schädlichen Blasen entstehen, wäre die reine Lehre der Blasentheorie. Ist aber nur eine Theorie und in der Praxis mit deutlichen Nachteilen, wie weiterer Aufsättigung in der Dekompressionsphase behaftet. Wenn Du diese Theorie besonders treffend findest, solltest Du dann nicht Stopps mit angepassten Aufstiegsgeschwindigkeiten annähern, sondern gleich die "richtige" Funktion der Aufstiegsgeschwindigkeit aus dieser Theorie herleiten.

Nach dem Dekompressionsmodell von Bühlmann mit 16 verschiedenen theoretischen Geweben sättigen diese Gewebe in der Kompressionsphase und der Isokompressionsphase auf und müssen diese Überspannung wieder abbauen. Daher steigt man mit einer vorgesehenen Geschwindigkeit von etwa 10m/min gerade soweit auf, wie das aktuelle Leitgewebe die Überspannung gerade verträgt, also bis zu dem nächsten Dekostopp. Man vermeidet also eine extrem langsame Aufstiegsgeschwindigkeit.

In der Praxis fließen (manchmal) Deepstopps und unterschiedliche Aufstiegsgeschwindigkeiten aus der Blasentheorie in das Dekompressionsmodell mit verschiedenen Geweben ein.

gruß ramklov

30.06.2016 11:13

Bezogen auf das Dekompressionsmodell hast Du recht -> ab z.B. 12m Tiefe entsprechend langsam aufstiegen funktioniert auch.

Problem ist einfach die Machbarbeit: XX min auf 6m ist für einen Taucher einfacher zu kontrollieren als 10 min kontinuierlich mit 0,1 m / min aufzusteigen

uanlikerIT PATD
30.06.2016 21:45

Diese Aussage ist falsch:

"Ständig langsam aufzusteigen, so dass gerade keine schädlichen Blasen entstehen, wäre die reine Lehre der Blasentheorie. Ist aber nur eine Theorie und in der Praxis mit deutlichen Nachteilen, wie weiterer Aufsättigung in der Dekompressionsphase behaftet."

Diese auch:

"In der Praxis fließen (manchmal) Deepstopps und unterschiedliche Aufstiegsgeschwindigkeiten aus der Blasentheorie in das Dekompressionsmodell mit verschiedenen Geweben ein."

Doch gut läuft die Diskussion im Tec Forum

Es gibt in allen Modellen eine minimale Tiefe, welche langsam nach oben wandert. Vom Modell hängt es ab, wie tief diese minimale Tiefe ist. Die kürzeste Dekompressionszeit (und somit minimale Aufsättigung) hat man wenn man dieser minimalen Tiefe folgt.

Leider ist dies in der Praxis sehr schwer umsetzbar und man hat sich auf Stopps alle 3m eingeschossen. Siehe: Tauchmedizin von Bühlmann, Seite 213 - https://books.google.ch/books?id=MYAGBgAAQBAJ&pg=PA213&lpg=PA213&dq=kontinuierliche+Dekompression&source=bl&ots=tMQ7YYppD-&sig=J-Q0WXWwObZbmBnTSXlVIIcP-pk&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjt3q7nv9DNAhXFOxQKHfnPCfoQ6AEILTAD#v=onepage&q=kontinuierliche Dekompression&f=false

Die Wahl der "richtigen" Aufstiegsgeschwindigkeit ist ein anderes Thema und hat wiederum nichts mit dem ausgewählten Dekompressionsmodell zu tun. Die Aufstieggeschwindigkeit wurden aus der Praxis oder dem Lift der NASA gewählt Mit der Zeit hat man festgestellt, dass etwas langsamer in den obersten Meter gut wäre. Was man abgeschwächt schon durch den Sicherheitshalt hatte. Heute empfiehlt man bei TMX-TGs die obersten 6m deutlich verlangsamt aufzutauchen, sprich im Bereich von 1m/min. Der Rest wird durch die Dekompressionsstufen implizit vorgegeben.

Gruss Urs

GrifterPADI MSDT / IANTD Trimix / GUE Cave
30.06.2016 22:33

In der Theorie ist die optimale Dekompressionstrategie eine Kurve bzw. Gerade, anstatt eienes stufenweisen Aufstiegs. Die Kombination aus Begrenzung der Aufstiegsgeschwindigkeit und Dekompressionsstops alle drei Meter ist der Praxis geschuldet. Enger gestaffelte Abstände wären schwieriger zu messen und umzusetzen, ohne dass es zu einer wesentlichen Verbesserung bei der Dauer oder Qualität der Dekompression kommen würde.

01.07.2016 09:58

Ich glaube, es gab mal (oder gibt?) einen Computer, welcher die stufenlose Deko anbietet und sogar empfiehlt. Irrtum vorbehalten Suunto, nennt sich glaub ich continuous deco oder so. Nur für Nitrox, nicht TX, soweit ich mich erinnere. Kann mich aber irren.

Danke, dass solche Diskussionen wieder im Tek Forum laufen dürfen. Bis vor Kurzem wurde das Tek Forum zu Tode moderiert, alles was nicht Tekkkkkkkkk sonder nur Tek war, wurde blockiert. Dementsprechend gab es auch kaum mehr Traffic hier, das sehen Werbekunden gar nicht gerne. Ich vermute, von daher wurde Druck gemacht, gut so. Wenn jetzt noch die Funktionalität des Forums auf ein zeitgemässes Niveau kommt, ist alles gut.

01.07.2016 10:08

Der Ami nennt das "flying the curve".  Theoretisch im Modell optimal effizient, aber durch die 10ft (3m) Schritte verliert man auch nicht viel. Und wie soll man auch einen Austauchplan vorab planen und in der Gruppe abstimmen ohne Stufen? 

02.07.2016 14:15Geändert von andreas78,
02.07.2016 14:16

Besten Dank für die viele Antworten. Dann lag ich doch nicht so daneben mit meiner Vermutung. sm1

Mich interessiert die Aussage von kwolf1406:
"...dass diese Art der stufenweisen Dekompression messbar effektiver ist"

Warum ist die Stufenweise Dekompression effektiver als eine Kontinuerliche?
Ich dachte, dass eine kontinuerliche Exponentialfunktion das theoretische Optimum darstellen würde. 

(Meine Frage bezieht sich nur auf die Deko-Theorie, die Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung sind mir klar.)

Gelbe MaskeMaske hilft!
Abz. "Für gutes Wissen" (Gold)
10.07.2016 15:47

- Das stufenlose Deko-Austauchen wäre nicht nur für den Taucher, sondern auch für den Tabellenersteller schwer darstellbar.

- Dass stufenweises Austauchen gegenüber kontinuierlichem Austauchen Dekovorteile bieten soll, glaube ich nicht. Dass das sogar "messbar" effektiver sei, erst recht nicht, "wer misst mist Mist". (Vorstellbar wäre allenfalls ein Phänomen, ähnlich wie beim Kaffefiltern mit Filtertüte (falls das noch jemand kennt), wo schütteln bzw. wechselnder Druck die Geschwindigkeit verbessert, statt einfach nur auf den Maximalfüllstand vorm Überlaufen zu achten, aber ob das bei der Deko so ist..? Dann wären Tarieranfänger ja klar im Vorteil, da schüttelt's ständig. )

- Ja, es gibt so Suunto-Computer, die nicht die klassischen 3m-Stufen anwenden. Durfte ich mal mit einem Buddy erleben, ziemlich gewöhnungsbedürftig, wenn der Buddy einem 10min Deko anzeigt, und dann irgendwo bei 4..5m herumhängt, und man nicht recht weiß, wie's denn nun weitergeht. Rein theoretisch würde man (bei gleichem Dekomodell) bei stufenloser Deko ja geringere Austauchzeiten erwarten, aber bei Suunto-Computern gegenüber besseren und gut eingestellten Alternativen ja eher doch nicht...

Und ja, die Aufstiegsgeschwindigkeit bei der Deko kann man im Flachbereich einfach selbstbestimmt deutlich absenken, mit je nach TC dann geringen Nachteilen (etwas längere Dekozeit insgesamt gegenüber stets eingehaltenen 10m/min).

13.08.2016 00:10

@andeas78

sorry, ich hatte vergessen, den Thread zu abonnieren und bin jetzt erst wieder darüber "gestolpert". Ich habe nochmal gesucht, aber doch nichts darüber gefunden, was meine obige Aussage stützt. Die Publikation, die ich im Sinn hatte, finde ich nicht mehr. Nur die Aussage, die hier auch schon mehrmals kam, dass die stufenweise Deko einfacher zu kontrollieren ist. Vom rein physikalischen Aspekt her ist die kontinuierliche Deko, immer genau an der Überspannungsgrenze des jeweiligen Leitgewebes entlang, logischerweise die effektivste - die Stufen scheinen mir aber doch gesünder, da man diese Grenzen immer wieder verlässt zur sicheren Seite hin. Aber ob das wirklich etwas bringt, ist dann doch nur Hypothese.

 

 

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