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Tarierung über Trocki und Wing

Hallo zusammen,

ich möchte hier keine erneute Diskussion entfachen, bei der es darum geht ob nur mit Trocki oder mit Trocki und Wing tariert werden soll. Ich bin Anfänger und habe ein Kurs gemacht bei dem wir nur über den Trocki tarieren sollten, um ein Gefühl für dessen Verhalten zu bekommen. Ob ihr das nun gut oder nicht so gut findet sei mal dahin gestellt. 

Meine Frage geht an die unter euch, welche mit dem Wing tarieren und den Trocki nir soweit füllen dass er nocht zwickt. 

Wie geht ihr dabei vor? Ich kann es mir nicht genau vorstellen. Regelt ihr um so tiefer ihr seid immer den Trocki etwas nach und tariert euch dann über das Wing voll aus? Oder stell ich es mir zu kompliziert vor und es muss auch beim Abtauchen seltener Luft in den Anzug hinzugegeben werden als zum tarieren notwendig wäre? 

Also tiefer- wing, tiefer wing, tiefer wing, tiefer Anzug zwickt, also etwas Luft in Anzug. Ich hoffe ihr versteht meine Frage  

Und woe macht ihr das beim auftauchen? 

Über eine kurze Beschreibung eines Tauchgangsablaufs würde och mich sehr freuen. 

 

Dank euch! 

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27.10.2016 18:54
also mir wurde auch beigebracht "nur mit dem trocki tarieren".im großen und ganzen mach ichs, wie du beschreibst. also nur das "feintuning" mit wing den rest mit trocki. beim auftauchen immer luft aus dem anzug vor bzw ganz am anfang des aufstiegs
27.10.2016 20:01

Zur Beantwortung dieser Frage, müssen wir die Frage beantworten, warum wir überhaupt tarieren müssen. Dafür gibt es zwei Gründe:

  1. Mit zunehmender Tiefe wird der Anzug komprimiert. Das müssen wir mit zusätzlicher Luft (Volumen) ausgleichen, um zum einen neutral tariert zu bleiben und zum anderen damit die Isolierung erhalten bleibt.
  2. Wir müssenn Luft (Volumen) abgeben, weil die Atemluftflaschen leichter werden. Das sind z.B. bei einer 15-Liter-200-bar-Flasche ca. 2,8 kg. Also müsste man zwischen Anfang und Ende des Tauchgangs 2,8 Liter ablassen. Und die sollte man zu Beginn des Tauchgangs möglichst im Jacket haben. Nimmt man dafür Luft aus dem Trocki, lässt die Isolierung nach.

Also rein rechnerisch: Die Tarierung, die durch einen Tiefenwechsel nötig wird, passiert mit dem Trocki. Die Tarierung durch den Masseverlust an Luft passiert durch das Jacket.

Praktisch sieht das natürlich schon so aus, dass man das ein Stück weit nach Gefühl macht. Aber nur mit dem Trocki zu tarieren zu machen, ist nicht ideal.

TondobarPassivtaucher
27.10.2016 20:46

Stimme zu. Ergänzend vielleicht noch: Wieviel Luft im Trocki ist, hängt auch vom Isolationsbedarf ab. Wenn es oben im Flachen wärmer ist, pumpe ich weniger Luft in den Anzug bzw. lasse die Luft früher ab, wenn ich weiter auftauche. Unterhalb der Sprungschicht ist das Luftpolster dann dicker.

Beim Abtauchen werden ja Wing-Blase und der Trocki-Unterzieher komprimiert. Ich gebe also abwechselnd Luft in beide. In den Anzug so lange, bis er nicht mehr drückt.. Dann ins Wing, bis zur neutralen Tarierung. Die meisten Seen haben ja ein Treppen-artiges Profil, du gehst also immer wieder mal ein paar Meter tiefer und bleibst dann auf der Tiefe, bis es weiter runter geht.

Beim Auftauchen wechsele ich logischerweise beim Luftablass immer zwischen Trocki und Wing. Wobei ich mit dem Trocki anfange, d.h., beim Auftauchen ist der Trocki eher komprimiert. Das beugt einem "Durchschießen zur Oberfläche" vor. Aus dem Wing geht die Luft ja viel schneller raus - habe ich mich dort vertan, ist der Fehler schnell korrigiert. Andersherum ist es nicht so easy. Gegen Ende des Gasvorrats tritt dann der Fall ein, den Progekko unter Punkt (2) beschrieben hat: Das Wing ist eh schon (fast) leer und das meiste läuft dann über den Trocki.

Es macht aber auch einen Unterschied, ob man als Trocki eine weit geschnittene Tüte oder einen Maßanzug oder einen Neotrocki hat. Aus der weit geschnittenen Tüte will die Luft manchmal nicht freiwillig raus, weil sie in Falten und Taschen sitzt. Da bin ich dann vorsichtiger und mache es wie oben beschrieben. Aus dem Neo-Trocki geht die Luft besser raus, da lasse ich dann auch schon mal die Tarierung primär über den Trocki laufen, aus Faulheit.

27.10.2016 20:53

Den Wing-Inflator benutze ich, um zu Tarieren.

Den Trocki-Inflator, wenn der Anzug kneift.

D.h. beim Abtauchen den Trocki-Inflator nur betätigen, wenn es "eng" wird im Anzug.

Zum "Feintuning" benutze ich den Trocki, hier kann man wesentlich präziser die Luftmenge steuern.

 

27.10.2016 22:57Geändert von kwolf1406,
27.10.2016 22:58

Am einfachsten zu verstehen ist es für den Trilaminat oder Membrananzug. Dann ist es so, wie Progekko schreibt. Und wenn man das richtige Gefühl entwickelt hat, macht man es automatisch so. Hat man einen Neoprenanzug, muss, je mehr das Neopren kompressibel ist, anteilmäßig mehr das Wing mit tariert werden. 

@Tondobar: Mit einfach nur mehr Luft bekommst du keine bessere Isolation, denn die sammelt sich nur wirkungslos in Richtung Rücken und der Bauch bleibt kalt. Ausserdem wird der Trimm instabil, weil die mehr Luft im Anzug schwabbeln kann. Das Geheimnis für bessere Isolation ist ein dickerer Unterzieher, der die zusätzliche Luft auch aufnimmt. In einem dickeren Unterzieher dagegen zu wenig Luft einzulassen, macht unbeweglich und kneift. Also zuerst kommt der Unterzieher und dann die dafür optimale Luftmenge.

TondobarPassivtaucher
27.10.2016 23:41

@kwolf1406: Mein Unterzieher ist ein Weezle Extreme+. Fällt der in die Kategorie dick oder dünn? Mein Eindruck ist, der verhält sich unter dem Trocki wie ein ideales Gas, indem er das ganze zur Verfügung stehende Volumen einnimmt. Aber stimmt, Bauch bleibt kalt. Da ist das Material aber auch am meisten komprimiert - Kältebrücke? Im Winter ziehe ich deshalb noch eine dicke Lage Fleece drunter, damit ist es gut.

28.10.2016 07:22

Der weezle extreme plus ist nur zu gebrauchen, wenn man fast ausschließlich über den Trocki tariert, also viel Luft im Trocki hat. Da man den Weezle extrem komprimieren kann, das typische weezle Gefühl: Kalter Bauch. Ein weiteres nerviges feature: Der Labberstoff blockiert gerne mal das Trockiauslassventil, weshalb viele mit Panzertape am linken Oberarm rumrennen. Läuft man mit dem Teil voll, ist es gänzlich aus mit der Isolation. Man bekommt beim Weezle halt genau das, wofür man bezahlt......

 

thomys hat es gut beschrieben. Ich persönlich mag dieses schwammige Gefühl mit viel Luft im Trocki überhaupt nicht. Aber ich habe habe ja auch keinen Trockentauchkurs mit Rettungsrolle absolviert......

28.10.2016 08:38

Erstmal vielen Dank für eure Antworten. In meinen Worten zusammengefasst (falls ich es verstanden habe):

Wenn ich z.B.: auf 5m befinde, fülle ich soviel Luft in den Anzug bis dieser nicht mehr "zwickt". Dann hat dieser ein entsprechendes Volumen.

Falls jetzt noch Luft zum tarieren fehlt befülle ich das Wing. Soweit so gut.

Wenn ich jetzt weiter abtauche müsste ich (um weiterhin neutral tariert zu bleiben und nicht zuviel/zuweinig Luft im Anzug zu haben) beide Volumen gleichermaßen aufrechterhalten, sprich ständig beide System "nachfüllen". Der Anzug müsste ja theoretisch während des Abtauchens schon wieder "zwicken", wenn er vorher genauso befüllt war, dass er nicht gezwicht hat. Beim Aufstieg dann beide Systeme gleichermaßen "entleeren". Ist das so richtig? In der Praxis wird das ja nicht exakt gehen, aber für mein Verständnis wäre es so richtig? Sprich ein kontinuirliches bedienen beider Systeme!?!

 

Danke für eure Hilfe.

Jetzt liest man aber oft "ich tariere über das Wing um die warme Luft aus dem Anzug beim Aufstieg nicht rauslassen zu müssen". Das würde aber bedeuten, dass man während des Aufstiegs das Luftverhältnis Anzug/Wing verändert und doch mehr Luft als "nötig" im Anzug hat. Für mich ist das etwas widersprüchlich.

 

28.10.2016 09:27
@ MM85: "...während des Aufstiegs das Luftverhältnis Anzug/Wing verändert und doch mehr Luft als "nötig" im Anzug hat." Das sollte man vermeiden. Das macht die Lage instabil. Außerdem kann man die Luft aus dem Trocki nur langsamer entweicher lassen, als aus dem Jacket. Da im Flacheren das Tarieren schwieriger wird, sollte man beim Aufstieg eher in Ruhe den Trockie entlueften, um notfalls noch schnell eine ordentliche Portion aus dem Jacket geben zu können. Aber auch da sollte es nicht zu extrem werden und der Anzug nicht uebermäßig kneifen oder die Bewegungen stören. Alles mit Gefühl!
TondobarPassivtaucher
28.10.2016 20:46

@MightyMike85: Ja, deine Zusammenfassung stimmt mit dem überein, was ich ausdrücken wollte. Zum Widerspruch von "nur so viel Luft wie nötig" gegenüber "warme Luft im Anzug lassen": Du kannst die Antworten von verschiedenen Tauchern nicht so einfach kombinieren, weil es ja auch unterschiedliche Tauchstile und Philosophien gibt. Bibel und Koran kann man ja auch nicht in einem Buch zusammenfassen.

@Fullcave: Zum Kaufzeitpunkt meines Weezle war der Unterzieher hier im Forum das Nonplusultra. Okay, der VW Golf I war auch mal der Hit, kann aber heutzutage nicht mehr mithalten. Wenn der Tag gekommen ist, dass sich der Weezle in Lumpen auflöst, werde ich dich für eine Kaufempfehlung ansprechen. Kenne aber auch einen Weezle-Besitzer, der sich einen der steiferen modernen Unterzieher gekauft hat und kurze Zeit später wieder mit dem Weezle taucht, weil man sich darin besser bewegen kann. Wie meist haben die Dinge zwei Seiten.

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