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Sauerstoffmasken im Flieger für Deko nutzen

Hallo,

meine Frage bezieht sich auf das Tauchen nach dem Fliegen. Ich möchte weder anerkannte Regeln hierzu in Frage stellen noch brechen. Ich möchte aber Entsättigungsvorgänge im menschlichen Körper besser verstehen.

Jeder kennt wohl den Satz: Im Fall eines Druckverlusts in der Kabine fallen automatisch Sauerstoffmasken herab.

Folgendes Szenario kam mir dabei in den Sinn: Ich kann den ultimativen Traumtauchgang machen und muss aber am nächsten Morgen heimfliegen. Da wäre es doch denkbar, dass ich beim Boarding gleich eine Sauerstoffmaske bestelle (ähnlich wie man manchmal ein feuchtes Tuch bekommt) und daraus einige Zeit schnüffle, sagen wir einfach bis Reiseflughöhe. Würde das das Risiko einer DCS sinnvoll reduzieren?

Ich würde mal davon ausgehen, dass keine Fluggesellschaft sowas mitmacht, insbesondere weil die Sauerstoffreserven für andere Zwecke gedacht sind. Aber falls doch? Wäre das nicht ein TaucherAddOn: wir nehmen Euch auch im nassen Neopren noch mit und sorgen für Eure Sicherheit...

Wer kann dazu eine fundierte Aussage liefern?

Danke und Gruß, Manfred

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23.11.2016 21:05

Völliger Unsinn, es handelt sich um Notfallausrüstung!! 

Deren Nutzung ist in den internationalen Luftfahrtrichtlinien geregelt.

nandersenIANTD CCR
23.11.2016 21:55Geändert von nandersen,
23.11.2016 21:59
...gesetz den Fall, dass Du zum Zeitpunkt noch nicht ausreichend entsättigst hast, begibst Du Dich bedingt durch den geringen Kabinendruck eh in ein extremes DCS Risiko. Eine 24h alte DCS wiederum liesse sich normobar mittels O2 kaum sinnvoll behandeln vermute ich. Was also soll das bringen?Davon abgesehen- hypoxischer O2 Partialdruck in der Kabine sorgt für glückliche und ruhige Passagiere ? Übrigens ist O2 auch nicht unbedingt unproblematisch. Brandrisiko, Hyperventilation etc. Eine Sauerstoffgabe darf nur durch dafür geschultes Personal erfolgen....
mario-diverRD,EAN<40,Deep, SRD, UW/Schiffsarchäologie I (VDST),
23.11.2016 21:56
Tja wie so die Leutz sagen, dass wir Taucher Sauerstoffflaschen auf dem Rücken tragen...es geht im Flieger in grossen Höhen um die Gewährleistung des "normalen" Sauerstoffpartialdrucks!!! Bzw. um nicht kontaminierte Atemluft!!!
MySig... Hit and Run ...
23.11.2016 22:21
Du weißt wie der Sauerstoff im Flugzeug "produziert" wird? Eher nicht, sonst hättest du die Frage nicht gestellt. Dieser Notsauerstoff wird mit einer chemischen Reaktion produziert. D.h. da sind Behälter im Flugzeug wo im Notfall die chemische Reaktion gestartet wird. Da stehen keine Sauerstoffflaschen herum. Ich glaube nicht dass sie für dich extra Sauerstoff produzieren.
23.11.2016 23:07Geändert von kwolf1406,
23.11.2016 23:21

Naja, er hat ja hypothetisch gefragt, wissend, dass er den Sauerstoff sowieso nicht bekommt.

Blasenfreie Entsättigung ist eine Funktion von Übersättigungstoleranz, Umgebungsdruck und Inertgaskonzentrationsgefälle. Auch wenn die Konzentration des Inertgases aussen Null ist, ist der Umgebungsdruck möglicherweise so niedrig, dass die Übersättigungstoleranz einiger Gewebe immer noch überschritten bleibt und Luftblasen entstehen. Mit deiner Idee könnte man ja sonst auch auf Dekopausen verzichten und statt dessen an der Oberfläche schnell 100% O2 atmen. Das funktioniert aber - in Grenzen - nur, wenn man gleichzeitig in eine Druckkammer geht und einen passenden Überdruck anlegt (entsprechend den Dekostufen für Sauerstoff). Unter Umständen muss sogar bei höheren benötigten Drücken, die O2-toxisch wären, Luft oder Nitrox zwischengeschaltet werden. (Ich betrachte mal nur Lufttauchgänge, denn ich bezweifle, dass man auch aus Trimixtiefen überhaupt unbeschadet ohne Pause an die Oberfläche kommt.)

24.11.2016 06:29
ich nehm mal an, die frage war ein faschingsscherz oder ist einfach aus ein oder zwei bierchen zuviel entstanden....
24.11.2016 10:26

Also ich vermute beim Autor der Frage eher Interesse gepaart mit Unwissenheit vorliegt - um so wichtiger finde ich eine ordentlich Aufklärung. Kommt diese nämlich nicht, liegt es in der Natur des Menschen, dass er andere Wege der Erkenntnisgewinnung beschreitet, die nicht selten gefährlich oder tödlich sind.

Wie funktioniert Deko? An der Scheidewand zwischen zwei Stoffen findet ein Gasaustausch statt. Das Problem entsteht durch das Inertgas (Inert-Nicht am Stoffwechsel beteiligt sondern sozusagen nur ein Gas, mit dem die Atemluft gestreckt wird), was in den meissten Fällen und in der folgenden Theorie der Sticckstoff (N2) mit 78% in der Luft enthalten ist. Wenn Du jetzt auf 40m Tiefe tauchst, herrscht ein Umgebungsdruck von 5 bar, also dem 5fachen üblichen Umgebungsdruck. Bei erhöhtem Druck auf der einen Seite, versuchen mehr Gasmoleküle durch die Scheidewand zu kommen als von der Seite mit niedrigeren Druck in die mit höherem Druck - und schaffen dies auch. Wenden wir das Thema bei uns in der Lunge an (Und vernachlässigen die Alveolenwand). Von der Luftseite drücken nun erheblich mehr N2-Moleküle (Stickstoff) ins Blut, als aus dem Blut in die Lunge. Es sättigt sich mehr und mehr N2 im Blut an. Nach ca 4 Minuten (Die Halbwertszeit vom Blutgewebe) hat sich die Druckdifferenz (von 4bar) halbiert, nach 8 Minuten geviertelt, nach 12 Minuten geachtelt, nach 16 Minuten gesechzehntelt. Nach der 5fachen Halbwertszeit spricht man in der Praxis von einer Sättigung. Da dieses (an-)gesättigte Blut im Körper zirkuliert, findet folgend dieser Prozess zwischen dem Blut und den <<z.B. Leberzellen>> (Hier können alle Zellen des Körpers genannt werden) statt. Sprich: In manchen Körperteilen dauert der Austausch richtig lange, bis zu 630 Minuten für eine halbierung der Differenz.

Der Prozess funktioniert in die Gegenrichtung exakt genauso - nur dass sich die Seiten wechseln. Das Blut wird nun beim Aufstieg schleichend durch einen langsamen Aufstieg entsättigt. In Folge entsättigen natürlich auch die anderen Gewebe. Doch der Prozess dauert. Also ist die Frage, kann man den Prozess beschleunigen und wenn ja, wie. Annahme: Wir sind aufgesättigt in 40m Tiefe, da wir tagelang dort unten verweilt haben (Macht den Theoriecharakter deutlicher, wir sind ja Sportis und keine Berufler). Wir halbieren jetzt den Umgebungsdruck (Hier ist die Grenze, wo es in der Praxis zu ausperlen beginnt) und steigen auf 15m auf. Sprich es wollen jetzt doppelt so viele N2-Moleküle aus dem Blut in die Lungenluft als in die Gegenrichtung. Wenn man jetzt dem Atemgas einfach die Moleküle wegnimmt, die man aus dem Blut schwemmen möchte, dann wollen gar keine Moleküle mehr ins Blut eindringen. Atmet man also reinen Sauerstoff (Achtung, reiner Sauerstoff auf 15m würde einen tödlichen Partialdruck von 2,5bar bedeuten - wir reden hier von Theorie), wollen also immernoch die gleiche Menge Moleküle aus dem Blut heraus, aber keine mehr rein. Dies liesse sich also mit sozusagen jedem anderen Gas als N2 auch bewirken. Nur hat O2 den Vorteil, dass dieser vom Organismus verbraucht wird und somit nicht den Regeln der Entsättigung unterliegt sondern viel schneller aus dem Gewebe verschwindet. Bei jedem anderen Gas würde man dagegen mit diesem Gas aufsättigen, während man mit N2 entsättigt.

Als Fazit lässt sich festhalten: Das Ausschwemmen geht schneller. Das bedeutet aber: Das Ausschwemmen geht schneller, aber auch nicht von hepp auf gleich. Und der DCI wird ja nicht verhindert durch Sauerstoff, sondern der Sauerstoff hilft sozusagen nur dem Körper bei der Bewältigung des DCS (Das ist der Grund bei der Gabe von O2 beim Tauchunfall) und hilft schlecht versorgte Areale besser zu versorgen. Und das ist nicht der Grund für Sauerstoff im Flugzeug. Der Grund des Sauerstoffs im Flugzeug ist, dass wenn das Flugzeug auf Reiseflughöhe einen Druckabfall erfährt, der Sauerstoffpartialdruck der Atemluft niedriger ist als notwendig. Man erhöht sozusagen den O2-Partialdruck bei 0,xbar auf Umgebungsdruck, damit dieser Partialdruck hoch genug für den Körper ist, um den O2 aufzunehmen.

Sollten Folgefragen aufkommen, "bitte melde Dich" . Bei der Suche nach Halbwertszeiten bin ich auch auf folgenden Beitrag gestossen: http://fzktauchen.de/files/vortrag_dekompression_1.pdf Da ist viel Info drin, nach derer Du meines Erachtens dürstest

Viele Grüße,

DMDBT

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