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ADR (Gefahrguttransport) - wegfall der Übergangsfrist 2015

Hallo zusammen,
ich bin gerade über ein Juristisches Problem gestolpert, vielleicht kann mir jemand helfen ?

Die ADR regelt den Transport und Kennzeichnung von Gefahrgütern (Druckgasbehältern). Da ist ja jetzt im Juni eine Übergangsfrist abeglaufen...

Hier das Fallbeispiel:

- Tauchflascheneigentümer ist ein Verein/Club.somit gilt dieser als Gewerbetreibend.
- Transportiert wird von Privatpersonen (Kennzeichnung am Fahrzeug entfällt, ADR 1.1.3.1: Freistellung Privatpersonen)

Frage:
muss der Verein die Flaschen (= Gefahrgutbehälter) mit dem grünen Gefahrgutaufkleber "2.2 non-flammable-gas" Kennzeichen ?

Ich kann in der aktuellen ADR nix finden. Punkt 6.2.2.7 beschreibt ledeglich die Stempelung der Flasche (Tüv, SerNr usw), auch beschreibt die Verpackungsverordnung "P200" (=Sondervorschrift für Gefahrklasse 2) nichts von den Klebern oder möglichen Ausnahmen.

Kennt sich wer aus ?

Danke,
H2Co3
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Vercingétorixold school
02.12.2015 22:17
Frage:
Wieso gilt ein e.v. als Gewerbetreibender? Ausbildung und Event gehören üblicherweise nicht in den Bereich "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" und erfordern keine Gewerbeanmeldung etc. pp.
02.12.2015 22:59
Hm, vielleicht habe ich das juristisch zweideutig geschrieben..

Ein Verein (egal ob e.v. oder nicht) ist KEINE natürliche Person, sondern eine juristische Person. Ob Gewerbetriebend oder nicht spielt dabei hier keine Rolle...

Bei einem Zustand "Privatperson" ist aber explizit eine Natürliche Person definiert - auch in der ADR wird explizit von "Privatperson" gesprochen.

Somit gilt m.E. nach der Ausschluss, Ich formuliere den Satz "Tauchflascheneigentümer ist ein Verein/Club.somit gilt dieser als Gewerbetreibend." folgendermaßen:

"Tauchflascheneigentümer ist ein Verein/Club. Somit gilt dieser nicht als Privatperson."

H2Co3
chemicalseppSSI AOWD
03.12.2015 00:12
Also, du als Privatperson kannst, wie du richtig festgestellt hast, die Freistellung nach 1.1.3.1 in Anspruch nehmen. Dann gelten KEINE Vorschriften des ADR für dich (im Gegensatz z. B. zur sog. Handwerkerregelung nach 1.1.3.6). Das heißt auch die Kennzeichnungsvorschriften nach Kapitel 5.2 gelten für dich nicht (Anm.: Bei der Freistellung nach 1.1.3.6 muss gekennzeichnet werden!). Dies war auch im ADR 2013 schon so, eine Änderung ergab sich nicht.
Falls jemand einwenden sollte, dass die GGVSEB in § 28 "Pflichten des Fahrzeugführers im Straßenverkehr" definiert und da nix von Privatpersonen steht: Wenn man sich die Pflichten und die genannten Unterabschnitte des ADR ansieht, wird man schnell merken, dass auch das nix ausmacht. Bei Beförderung von einzelhandelsgerechten Verpackungen kommt man da nicht rein... Somit kein Problem.
Die entscheidende Frage ist jetzt. ob den Verein Pflichten nach GGVSEB treffen. Er könnte theoretisch Absender (§ 2 Nr. 1), Verlader (§ 2 Nr. 3) oder Verpacker (§ 2 Nr. 4) sein. In den genannten Begriffsbestimmungen ist aber immer von Unternehmen die Rede. D. h. einem gemeinnnützigen Verein fallen diese Pflichten nicht zu. Anders hingegen sieht es bei der kommerziellen Tauchbude aus, die einem die Flaschen mit Gewinnerzielungsabsicht überlässt. Die sind mindestens Verpacker, und haben damit die Pflichten nach § 22 Abs. 1 Nr. 5 b) einzuhalten (Kennzeichnung nach Abschnitten 5.1.4, 5.2.1, 5.2.2, Unterabschnitt 5.5.3.4 und den anwendbaren SVen).
Im Klartext. die kommerzielle Tauchbude ist verpflichtet, die Versandstücke zu kennzeichnen. Wenn sie die Flaschen selbst rumfährt sowieso.
Dem Verein schadets nicht, außer er ist so klamm, dass er sich die Aufkleber nicht mehr leisten kann. Müssen tut er aber nicht.
Hoffe, ich konnte weiterhelfen.

Schöne Grüße
Sepp (Leiter des Gefahrgutdezernates bei einem größeren Gewerbeaufsichtsamt im Süden der Republik)
chemicalseppSSI AOWD
03.12.2015 00:19
Noch ein Nachtrag: Ich habe das schon richtig verstanden, dass die Beförderung durch einzelne Vereinsmitglieder in deren Privat-KFZ durchgeführt wird? Also nicht in einem Vereins-KFZ?
Wenn ja, dann passts so wie oben geschrieben. Dann kann und muss man fein säuberlich die einzelnen Schritte auseinander dividieren.
chemicalseppSSI AOWD
03.12.2015 00:42
Korrektur: Bei der Argumentation im ersten Beitrag ist mir ein Fehler unterlaufen, Ergebnis aber das gleiche, ich bitte das zu entschuldigen.
Lt. Begriffsbestimmungen zum ADR kann ein Verein auch Unternehmen i. S. d. ADR sein. Klingt zwar seltsam, is aber so (vergisst man manchmal, da die Kundschaft einfach zu 99% gewerblich ist). Nachdem die GGVSEB das Unternehmen nicht definiert, ist wohl der ADR heranzuziehen.
Im Ergebnis ändert sich aber nix, denn 1.1.3.1 sagt ja im Wortlaut, dass die Vorschriften des ADR nicht für Beförderungen gelten, die von Privatpersonen unter den genannten Bedingungen durchgeführt werden. Die Ausnahme sagt also nicht, Privatpersonen sind raus, sondern Beförderungen durch Privatpersonen sind raus. Das ist ein feiner Unterschied, denn wenn der Unternehmer weiß, dass die Beförderung durch die Privatperson nach 1.1.3.1a erfolgt, ist er auch weitestgehend raus.
D. h. wenn der Verein weiß, dass "sein" Gefahrgut von einer Privatperson befördert wird, muss für diese Beförderung nicht beklebt werden. Für Transporte, die nicht nach 1.1.3.1a ablaufen, muss auch der Verein bekleben usw.
Vercingétorixold school
03.12.2015 11:05
Bitte mal eine tragfähige Erläuterung warum ein e.V. ohne wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb Unternehmer iSd. der ADR sein sollte. Es wird ja mehr erforderlich sein, als die ziemlich diffuse Rechtsform jur. Person. Davon gibt es im Geltungsbereich der ADR doch einige Spielarten.
Mal davon ab, das die Rettungskräfte dankbar sind, wenn sie wissen was in dem Zylinder ist, der in der brennenden Karre liegt.........
chemicalseppSSI AOWD
03.12.2015 15:58
Gallier, schau doch bitte in die Begriffsbestimmungen des ADR im Abschnitt 1.2.1. Denke das sollte Klarheit schaffen...
chemicalseppSSI AOWD
03.12.2015 16:03
Zitat:
Unternehmen: Jede natürliche Person, jede juristische Person mit oder ohne Erwerbszweck, jede Verei- nigung oder jeder Zusammenschluss von Personen ohne Rechtspersönlichkeit mit oder ohne Erwerbs- zweck sowie jede staatliche Einrichtung, unabhängig davon, ob diese über eine eigene Rechtspersönlich- keit verfügt oder von einer Behörde mit Rechtspersönlichkeit abhängt
04.12.2015 08:20
... also jeder und alles???
04.12.2015 09:10
"also jeder und alles???"

So wie ich es verstanden habe, bleibt für Privatpersonen alles wie gehabt. Flasche(n) in das Auto und gut ist.

chemicalseppSSI AOWD
04.12.2015 09:17
Richtig, Klaus! Der Geltungsbereich wurde bewusst sehr umfassend gewählt. Denn für die Gefährlichkeit der Ladung ist es ja unerheblich, ob sie von einem gewerblichen Fuhrunternehmen oder einem gemeinnützigen Verein durch die Gegend gefahren wird. Um aber gewisse Erleichterungen zu schaffen, gibt es die Freistellungen in Abschnitt 1.1.3. Diese stellen aber immer auf die Art der Beförderung ab, nicht auf die Rechtsnatur des Beförderers. Auch die "Privatleuteregelung" 1.1.3.1 a) stellt ja nicht Privatleute frei, sonderen Beförderungen von einzelhandelsgerecht verpackten Gefahrgütern, die für den Privatgebrauch (also nicht beliebig viel) von Privatpersonen so transportiert werden, dass unter normalen Bedingungen keine Freisetzung zu erwarten ist. Will die Privatperson von diesen Voraussetzungen abweichen, muss auch Sie sich den Vorschiften des ADR unterwerfen.
chemicalseppSSI AOWD
04.12.2015 09:19
@Fullcave: Kurz gesagt isses so, vergiss aber bitte die Ladungssicherung nicht!
04.12.2015 09:19
Meine Bemerkung bezieht sich ausschließlich auf das Zitat von chemicalsepp 3.12. um 26:03. Da habe ich ein massives Verständnisproblem, was nicht Unternehmen sein könnte.
04.12.2015 09:21
Danke Sepp, damit ist es nun klar
Vercingétorixold school
04.12.2015 09:45
Merci, d.h. wenn die Pullen im Bus des Vereins oder im Auftrag des Vereins im PKW transportiert werden, sind sie zu Kennzeichnen. Glückwunsch.....
chemicalseppSSI AOWD
04.12.2015 10:15
Richtig, Vercingetorix. Aber was ist daran so schlimm? Macht Euch doch im Verein einen Aufkleber mit folgender Aufschrift (Schriftgröße mindestens 6 mm):

UN 1002 Luft, verdichtet (Druckluft)

Eigentümer der Flasche: Verein XY

Dazu kommt dann noch der Gefahrzettel 2.2, das ist die Gasflasche im grünen, auf der Spitze stehenden Quadrat.

04.12.2015 10:35
Hallo Gemeidne,

jetzt legen wir noch einen drauf: Neufassung der BsVO (CLP-Verordnung) http://www.taucher.net/smileys/sauer.gif

http://www.atemschutzlexikon.de/fileadmin/merkblatt/Merkblatt_Kennzeichnung_Druckluftflaschen.pdf

http://www.atemschutzlexikon.de/fileadmin/recht/Neufassung_BsVO_1.pdf



chemicalseppSSI AOWD
04.12.2015 10:52
Richtig, das kommt noch obendrein. Aber dem TO gings ja primär ums Gefahrgutrecht...
04.12.2015 16:17
Witzig: Wie kann eine Kontrolle feststellen, ob ich den Füller gewechselt habe. Das ist doch für die Tonne.
chemicalseppSSI AOWD
04.12.2015 17:45
So schauts aus!! Wenn Du den Aufkleber nach 1272/2008/EG (CLP-VO) und ggf. nach Gefahrgutrecht drauf hast, wird dich zeitlebens niemand behelligen.
Bei einer Fahrzeugkontrolle durch die Pol wird das Hauptaugenmerk auf der Ladungssicherung liegen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Und das völlig zurecht. Wenn ich sehe, wie manche ihre Flaschen rumkutschieren, wird mir - insbesondere als ehrenamtlicher Feuerwehrler, der damit beim Unfall konfrontiert werden könnte - regelmäßig zweierlei.
Michael-NRescue u. AIDA Instr
05.12.2015 19:05
Man könnte ja auch mal einen Fachmann fragen, wie der das sieht .... Die sind auch zuständig für die Höhe der Strafen. Ich glaube hier im Forum ist da niemand zuständig und dessen Aussage wird bei juristischen Vorgängen auch nicht als Lösung akzeptiert werden.
https://www.bag.bund.de/DE/Navigation/Verkehrsaufgaben/Kontrollen/Strassenkontrollen/strassenkontrolldienst_mehr.html?nn=13156
Lg und den Christen einen schönen Nikolaus Michael
chemicalseppSSI AOWD
05.12.2015 19:36
Lieber Michael,
für die Überwachung in den Betrieben ist in Bayern die Gewerbeaufsicht zuständig, kannst dich gerne in § 40 Abs. 1 Nr. 3 der ZustVVerk davon überzeugen. Auf der Straße teilen sich die Zuständigkeit die Polizei (aufgrund § 40 Abs. 1 Nr. 6 ZustVVerk) und das BAG (aufgrund § 11 Abs. 3 Nr. 2 GüKG), die Ahndung übernimmt die Zentrale Bußgeldstelle. Die Höhe der Bußgelder bemisst sich dabei nach dem Bußgeldkatalog zur GGVSEB, das kann man gut selbst nachschaun, ohne das BAG bemühen zu müssen.
Worauf ich aber hinaus wollte ist, dass es im Ordnungswidrigkeitenrecht das Opportunitätsprinzip gibt. D. h. die zuständige Behörde hat ein Entschließungsermessen und Auswahlermessen, ob sie eine festgestellte OWi verfolgt und gegen wen sie dabei vorgeht. Will sagen: Wenn der CLP-Aufkleber fehlt, kann der Polizist sich z. B. dazu entschließen, das nicht zur Anzeige zu bringen, weil er den Verstoß für geringfügig hält oder der Aufwand festzustellen, wer vorwerfbar gehandelt hat, in keinem Verhältnis zum Erfolg steht. Genauso könnte nach einer Anzeige durch die Pol die Bußgeldstelle oder auch andere zuständige Behörden das Verfahren einstellen...

05.12.2015 23:45
@ Michael_N: Auch wenn im TN jede Triefnase posten kann, heißt das noch lange nicht, dass sich keine kompetenten Fachleute zu einem Thema äußern würden.
Ich glaube Sepp hat sich in seinem ersten Posting als Fachmann geoutet.


BubbleDirkAdv. Trimix OC
Adv. Trimix CCR / JJ-CCR Level 3
07.12.2015 10:59
Ich habe eure Disskussion nun aufmerksam verfolgt, da es mich (der schon oft mit einem Anhänger voll Flaschen durch die Weltgeschichte gefahren ist) auch betrifft. Ich störe mich noch etwas an dem von Sepp genannten Zitat aus der ADR zur Definition von Unternehmen: "... jeder Zusammenschluss von Personen ohne Rechtspersönlichkeit mit oder ohne Erwerbszweck". Damit gemeint sind i.d.R sogenannte BGB-Gesellschaften, also GbRs. Eine solche entsteht nach deutschem Recht (bzw. wird geschlossen) auch unformell z.B. bei der gemeinsamen Durchführung eines bestimmten Zieles, Zwecks etc. von mindestens zwei Personen. Das kann m.E. also auch eine Fahrgemeinschaft, Tauchgemeinschaft... sein. Folge wäre hier, dass die ADR nur dann gelten, wenn eine Privatperson mit ihren Flaschen zum tauchen fährt. Bilden jedoch 2 (oder mehr) Taucher eine Fahrgemeinschaft so gelten diese im Sinne der ADR als Unternehmen und müssen die ADR beachten.

Das ist vielleicht etwas spitzfindig und übertrieben, aber bei genauer Auslegung des Textes m.E. eine zwangsläufige Folge.

P.S. ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, zumal ich i.d.R. auch nie allein unterwegs bin...

Dirk
chemicalseppSSI AOWD
07.12.2015 13:57
Dirk, des Rätsels Lösung ist eigtl. ganz einfach. Wenn Du Dir die Legaldefinition genau durchliest, steht da auch "jede natürliche Person". Das heißt, auch ein Einzelner fällt in den Geltungsbereich des ADR. Wie schon oben gesagt, dieser ist sehr weit gefasst.
Macht aber nix, da bei einer Fahrgemeinschaft meines Erachtens immer noch die Freistellung nach Unterabschnitt 1.1.3.1 a) greift, genau so wie beim alleine fahrenden Taucher mit Flaschen im Gepäck.

Schöne Grüße,
Sepp
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