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Schwertwale reichern langlebiges Umweltgift im Fettgewebe an
Mehr als vierzig Jahre nach den ersten Schritten zum Verbot von polychlorierten Biphenylen (PCB) ist das Gift noch immer eine tödliche Bedrohung für Tiere an der Spitze der Nahrungskette. Eine neue Studie, die kürzlich in der Zeitschrift Science veröffentlicht wurde, zeigt, dass die derzeitigen Konzentrationen von PCB in einigen Gegenden in einem Zeitraum von 30 bis 50 Jahren zum Verschwinden ganzer Orca-Populationen führen können.
Der Schwertwal (Orcinus orca) ist das letzte Glied in einer langen Nahrungskette und unter den Säugetieren eines, die höchsten PCB-Konzentrationen im Körpergewebe aufweist. Forscher haben Werte von bis zu 1.300 Milligramm pro Kilo Fettgewebe der Tiere gemessen. Schon PCB-Konzentrationen von 50 Milligramm PCB pro Kilo Fettgewebe haben Auswirkungen auf Fortpflanzung und das Immunsystem.
Orcas leben in allen Ozeanen - von Pol zu Pol. Aber heute kommen große Populationen nur noch in den am am wenigsten mit PCB belasteten Gebieten vor.
PCB akkumulieret sich über alle Stufen der Nahrungskette, Schwertwale ernähren sich von Meeressäugern und Großfischen. So sammeln sie PCB und andere Schadstoffe in gefährlichem Maße in ihren Körpern an. Kopffüßer, die hauptsächlich weniger Fisch wie Hering und Makrele essen, haben einen deutlich geringeren Gehalt an PCB und sind daher nicht gefährdet.
PCB wird in der Umwelt nur langsam abgebaut. Orca-Mütter geben große Mengen von PCBs an ihre Nachkommen durch die fettige Milch weiter.
Ein Schwertwal wird bis zu 60-70 Jahre alt. Obwohl es mehr als 40 Jahre her ist, dass die Welt Schritte unternommen hat, Produktion und Verbreitung von PCB einzustellen, haben die Orcas immer noch große Mengen von des Gifts in ihren Körpern.
"Wir wissen, dass PCB zum Beispiel zu verkümmerten Genitalien bei Eisbären führt. Es lag daher nahe, den Einfluss von PCB auf Schwertwale aus der ganzen Welt zu untersuchen“, erklärt Professor Rune Dietz von der Universität Aarhus, dem Initiator der aktuellen Studie.
Eine internationale Forschungsgruppe recherchierte die vorhandene wissenschaftliche Literatur und verglich alle Daten mit ihren eigenen neuesten Ergebnissen. So gelangte sie zu Informationen über PCB-Konzentrationen in mehr als 350 Killerwalen.
Die Forscher konnten nachweisen, dass die Zahl der Schwertwale in 10 von 19 untersuchten Populationen drastisch fällt. Die Forscher haben die Entwicklung eines 100-Jahres-Zeitraum modelliert und gehen davon aus, dass PCB in einigen Gebieten in etwa 50 Jahren ausgestorben sein werden. Besonders bedroht sind Orcas in Brasilien, Gibraltar, England und an der Ostküste Grönlands. Rund um die britischen Inseln, so die Forscher, sind wohl schon jetzt weniger als zehn Killerwale übrig.
Um die Orca-Populationen rund um die Färöer Inseln, Island, Norwegen, Alaska und die Antarktis ist es besser bestellt: Hier wachsen die Populationen und die Modelle sagen voraus, dass sie auch in Zukunft weiter wachsen werden.
Link zur Studie: science.sciencemag.org/content/361/6409/1373.