Sauerstoffmangel in marinem Schnee

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12.04.2018 10:18
Kategorie: News

Globale Nährstoffverluste außerhalb der Sauerstoffminimumzonen im Ozean 

Die Produktivität des Ozeans wird maßgeblich durch die Verfügbarkeit von Nährstoffen bestimmt. In sauerstofffreien Bereichen des Ozeans wird oft Nitrat verbraucht, das somit dem Nährstoffzyklus für längere Zeit entzogen wird. Die Autoren einer internationalen Studie unter Beteiligung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zeigen, dass auch in sogenanntem „marinem Schnee“ Mikro-Nischen auftreten können, in denen diese Nitratatmung in großem Maße stattfindet.

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Schon seit dem 19. Jahrhundert ist bekannt, dass das Pflanzenwachstum durch den Nährstoff mit der relativ geringsten Konzentration begrenzt wird (sogen. Minimumgesetz). Wie im Garten, so ist auch im Meer Stickstoff in der Form von Nitrat einer der wichtigsten Nährstoffe überhaupt. Das globale Stickstoffbudget ist also von herausragendem Interesse für unser Verständnis der marinen Ökosysteme und die Rolle der Ozeane für unser Klima.

In sauerstofffreien Bereichen des Ozeans dient Nitrat jedoch als Alternative zum Sauerstoff und wird hier durch Mikroorganismen verbraucht. Dabei geht Nitrat verloren und gasförmiger Stickstoff wird freigesetzt. Bisher ging man davon aus, dass dieser Prozess nur in begrenzten Bereichen des Ozeans (hauptsächlich vor Peru, im Arabischen Meer und in der Bucht von Bengalen, aber auch in der Ostsee und im Schwarzen Meer) stattfindet, in denen quasi kein Sauerstoff im Wasser vorhanden ist. Neueste Untersuchungen zeigen jedoch, dass sich auch in kleinen Partikeln, die in der Wassersäule entstehen, wenn z.B. absterbende Algen zu schneeartigen Aggregaten verklumpen, sauerstofffreie Zonen bilden können. Dies liegt daran, dass diese marinen Schneeflocken von Bakterien besiedelt sind, die den Sauerstoff oft schneller veratmen als er nachgeliefert werden kann.

In einer Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift Nature Geoscience erschienen ist, hat ein amerikanisch-deutsches Forscherteam unter Beteiligung des GEOMAR die Verteilung dieser anoxischen Mikro-Nischen global simuliert. Die Forscher haben herausgefunden, dass so auch außerhalb der Bereiche mit extrem niedrigen Sauerstoffkonzentrationen erhebliche Mengen an Stickstoff verloren gehen können. „Unsere Modellberechnungen zeigen eine Verdopplung der bisher angenommenen Raten. Dies hat aus unserer Sicht nicht nur Auswirkungen für das globale Stickstoffbudget, sondern bedeutet auch, dass die Dynamik weiterer Nährstoffzyklen wie beispielsweise die von Zink, Kadmium und wahrscheinlich auch Eisen neu analysiert werden muss“, erläutert Dr. Rainer Kiko, Co-Autor der Studie.

Diese Nährstoffe gehen in den Mikro-Nischen wahrscheinlich von der gelösten in die feste Phase über und stehen Organismen somit auch nicht zur Verfügung. Die globale Erwärmung wird nach Ansicht der Autoren wohl nicht generell zu einem vermehrten Vorkommen der Mikro-Nischen führen. Aber in nördlichen Breiten, vor allem im nördlichen Pazifik ist zu erwarten, dass diese häufiger und damit verbunden höhere Nährstoffverluste auftreten werden. Dies würde zu einer verringerten biologischen Produktivität in diesen Regionen führen.

Wie dieser Prozess die betroffenen Ökosysteme beeinflusst, wie genau das Modell mit der Realität übereinstimmt oder wie die mikrobiellen Prozesse in den Mikro-Nischen genau ablaufen, das sind Fragen, denen die internationale Forschergemeinde nun weiter nachgehen muss“, so Dr. Rainer Kiko abschließend.

Link zur Studie: doi.org/10.1038/s41561-018-0081-0.