Hitzewellen können Küstenökosysteme verändern

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10.07.2018 09:51
Kategorie: News

Langzeitstudie zeigt Effekte von kurzzeitigen Extremereignissen

Modellrechnungen sagen als Folge des Klimawandels eine Zunahme von Extremereignissen wie Hitzewellen voraus. Mit einem Langzeit-Experiment in der Kieler Benthokosmen-Versuchsanlage haben Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel klare Hinweise gefunden, dass bereits Ereignisse von wenigen Tagen oder Wochen Länge Küstenökosysteme langfristig verändern können.

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Wenn vom Klimawandel die Rede ist, dann konzentriert sich die Diskussion meist auf die steigenden globalen Durchschnittstemperaturen. Doch die Veränderungen im Klimasystem haben noch andere Auswirkungen. Computermodelle prognostizieren, dass auch kurzeitige Extremereignisse wie Starkniederschläge oder Hitzewellen in Zukunft häufiger werden. Wissenschaftler des GEOMAR haben daher zusammen mit Kollegen aus Portugal und Bermuda in einem mehrmonatigen Experiment untersucht, ob kurzfristige Hitzewellen einen nachhaltigen Einfluss auf Küstenökosysteme haben können.

Unsere Ergebnisse deuten tatsächlich darauf hin, dass auch relativ kurzfristige Ereignisse das Potenzial haben, das bestehende Gleichgewicht zwischen den Arten eines Lebensraums zu verschieben“, sagt Dr. Christian Pansch vom GEOMAR, Erstautor der Studie, die kürzlich in der internationalen Fachzeitschrift Global Change Biology erschienen ist.

Für das Experiment konnte das Team auf die Technik der Kieler Benthokosmen-Versuchsanlage zurückgreifen. Sie besteht aus insgesamt zwölf Versuchskammern, die auf einem Ponton direkt am Ufer der Kieler Förde installiert sind. In jede dieser Kammern setzten die Forscher im Sommer 2015 vier Monate lang eine Arten-Gemeinschaft aus Seegras und Blasentang sowie deren assoziierten Tiere wie Schnecken, Krebse und Muscheln. „Das sind typische Arten der Flachwasserbereiche in der Ostsee“, erklärt Dr. Pansch.

Das besondere an den Benthokosmen ist, dass die Forscher verschiedene Umweltparameter in den einzelnen Versuchsbecken präzise kontrollieren können, darunter die Wassertemperatur, den Salzgehalt, den pH-Wert oder auch den Sauerstoffgehalt. „Das Wasser der Becken stammt direkt aus der Kieler Förde und erlaubt so eine beinahe natürliche Umgebung in den Versuchsbecken“, so Dr. Pansch.

Im Verlauf der Studie simulierten die Forscher in den Versuchskammern die Temperaturen des Jahres 2009. „Das war ein Jahr ohne größere Extremereignisse mit einer beinahe idealtypischen Temperaturkurve. Deshalb eignete sich dieses Jahr gut als Grundlage für unser Experiment“, erläutert Dr. Pansch.

Darauf aufbauend gab es insgesamt drei Szenarien: Vier Becken durchliefen einfach die Temperaturentwicklung des Idealjahrs 2009. In vier weiteren Becken sorgte die Technik der Benthokosmen im August für eine sommerliche Hitzewelle. In den letzten vier Becken erlebte die Arten-Gemeinschaft im Juni und Juli schon zwei schwächer ausgeprägte Hitzewellen, bevor im August die sommerlichen Temperaturmaxima erreicht wurden.

Ungefähr die Hälfte der Arten in den Becken zeigte deutliche Reaktionen auf die Extremtemperaturen. „Doch die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Bei einigen Arten addierten sich die negativen Effekte der drei Hitzewellen auf, andere Arten konnten nach den zwei Warmereignissen im Frühjahr besser mit der Sommerhitze umgehen. Wieder andere Arten profitierten generell von den kurzzeitig hohen Temperaturen“, fasst Dr. Pansch zusammen.

Wenn also in Zukunft Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen zunehmen, wird es Gewinner und Verlierer in Küstenökosystemen geben. Das aktuelle Gefüge der Arten wird sich voraussichtlich verschieben. Noch sind aber nicht alle Faktoren genau untersucht, die dabei eine Rolle spielen können.

Link zur Studie: https://doi.org/10.1111/gcb.14282