Golf von Thailand: Die Burma Maru Expedition

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06.04.2017 20:51
Kategorie: News

Wrackfund im Golf von Thailand

Der 12. Juni 1942 war eine heiße stickige Nacht im Golf von Thailand. Die Burma Maru dampfte auf einem Zickzack-Kurs entlang der Küste in die Nacht hinein. Die meisten Mitglieder der jungen Crew waren um 4.34 Uhr in ihren Kojen und in Unkenntnis des Kriegshorrors, der auf sie wartete.

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Zu einer anderen Zeit im Jahr 1917, lag der Rumpf der Burma Maru auf der Kawasaki-Werft in Kobe. Mit einer Länge von 120 und einer Breite von 15 Metern bot sie einen beeindruckenden Anblick. Mit einer großen, mittigen Brücke und Kabinen für zahlende Gäste war sie sehr gut ausgestattet.

Die USS Swordfish, die still in der langen Dünung lag, beobachtete in jenem Juni jede ihrer Bewegungen. Sie harrte aus, bis ihr Kommandant Chester C. Smith den Moment zum Angriff sah. Seine erste Attacke war fast fehlgeschlagen, jetzt wartete er auf eine günstige Gelegenheit zu feuern. 37 Minuten nach dem ersten Angriff feuerte er seine zweite Salve. Stille fiel über die Swordfish, dann hörte man den unmissverständlichen Klang einer Explosion, ein Zeichen ihres erfolgreichen Angriffs. Die Crew der Burma Maru war sich der tödlichen Gefahr schon zuvor bewusst geworden, nun aber war sie in mitten in die Frontlinie geraten.

Vor drei Jahren waren David Polley und ich zum ersten Mal auf die Geschichte der Burma Maru gestoßen. Wir waren beide erfahren genug, eine Expedition nach Kambodscha zu organisieren. Eine zufällige Begegnung mit einem thailändischen Fischer hatte zu zwei GPS-Markierungen geführt, die zu einem "großen Metallschiff" gehörten. Diese lagen nahe genug an der Markierung der Swordfish, sodass wir dort eine Marke setzten. Es dauerte aber noch zwei weitere Jahre, bis unser Team alles beisammen hatte und bereit war für das Abenteuer. Uns begleitete mein Buddy Leon von Davy Jones Tech, im Hintergrund Mikko und Ivan von den Koh Tao Tec Divers, die die Reise filmen würden.

Um 6.00 Uhr starteten wir von Chumporn. Nach 25 Stunden und einigen hektischen Gesprächen an der Grenze, erreichten wir Sihanoukville, wo wir auf den Rest des Teams trafen. Dennis vom The Dive Shop Cambodia, die die Versorgung und Rebreather bereitstellten und der Taucher Oliver aus Bangkok rundeten das Team ab.

Nachdem wir ordentlich ausgeschlafen hatten, mischten wir die Gase. Das Rebreather-Team verwendete eine Gaskombination, On-Bord 15% O2 und 35% Helium, was eine einfache Sauerstoffsensor Validierung in der Tiefe erlaubt. Zusätzlich das Bottom bailout mit 19% O2 und 35% Helium für einen sanften Aufstieg und eine gut kontrollierbare Sättigung für den Notfall. Wir hatten auch 50%iges Nitrox dabei, um die Dekompression zu beschleunigen. Das open-circuit-Team verwendete 19/35 Trimix, 50% und 100% O2.

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Am Abend starteten wir in Richtung Südwesten, die 60 Seemeilen bis zur Markierung würden wir mit 6 Knoten Geschwindigkeit um 6.00 Uhr erreichen, das hieß, wir hatten Zeit, uns auszuruhen. Oliver als Quartiermeisters hatte uns außergewöhnlich gut ausgestattet. Wir würden auf dieser Reise keine Maggi-Nudeln essen müssen! Ganze 48 Stunden nachdem wir gestartet waren, erreichten wir unser Zielgebiet. Ich übernahm die Kontrolle über das Ruder. Das Boot, das wir nutzen hatte kein Echolot, aber wir glichen das aus, indem wir den Signalumwandler auf einem Metallstab befestigten und auf beiden Seiten sicherten. Zwei Meter unter der Oberfläche platziert, wurden die Koordinaten von Winkelminuten in Dezimalminuten umgewandelt. Als wir die Markierungen umkreisten, fragte ich mich, wie präzise sie wohl waren. Ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen, denn nach 15 Minuten Suche hatten wir eine deutliche Antwort auf auf dem Bildschirm des Echolots.

Wir beeilten uns ins Wasser zu kommen und folgten so schnell wir konnten. Der Seegang war trügerisch, das Objekt mit dem Echolot zu lokalisieren war leichter als es festzubinden! Das Meer ist manchmal nicht bereit, seine Geheimnisse preiszugeben, zweimal driftete unser Team vom Wrack weg, zurückgehalten von einer starken Tiefenströmung. Das war überraschend, denn an der Oberfläche hätte man Domino spielen können! Ivan und Dennis waren die letzten im Ablauf, das einzige Team das in einem offenen Kreislauf taucht. Wir hatten nicht viel Hoffnung auf Erfolg, aber sie machten ihre Sache sehr gut. Sie schwammen in die Strömung, hielten die Tiefe und konnten mit dem Reel eine Leine von der Shotline zum Maschinenraum im Heck legen. Die Arbeit in der Strömung erhöhte das Atemvolumen deutlich und so mussten sie ihren Tauchgang ziemlich kurz halten, sodass es ihnen nicht mehr gelang, den Schiffstyp genau zu identifizieren.

Leon und ich waren wieder an der Reihe. Wir machen unsere Ausrüstung bereit, prüften die Rebreather und sprangen ins Wasser. Als ich die Oberfläche verließ, schaute ich mich um: Das Meer hatte einen tiefblauen Farbton, eine Farbe, die man nur sieht, wenn man in tiefem Wasser taucht. Die Bedingungen an der Oberfläche waren perfekt, nicht eine Welle. Nach dem bubble check  und den Abstiegs-Checks tauchten wir in die Tiefe ab. Bei 35 Metern stießen wir auf die Sprungschicht, hier schoss die Strömung mit ziemlicher Wucht ein. Mit kräftigen Flossenschlägen folgten wir der Leine und die unverwechselbare Silhouette des Hecks der Burma Maru erhob sich aus dem Sediment. Sie war riesig! Neben der Reel-Leine lag der Heck-Telegraph und der Steuerstand, möglicherweise das Ergebnis einer Begegnung mit dem Netz eines bedauernswerten Fischers.

Flach tauchten wir in Richtung Brücke. Alles, was wir sahen, zeugte von einem Schiff im Kriegseinsatz, in der Zeit eingefroren. So etwas sehen zu können, ist ein Privileg, das nur wenige haben. Was mochte sich in den Köpfen der Crew abgespielt haben? So weit weg von Zuhause, in einem Augenblick in die Arme des Meeres geworfen? Eine Warnung der Sauerstoffsensoren brachte mich schnell zum Tauchgang zurück, Wasserdampf auf der Zelle? Ich drehte und nach einer Spülung mit Diluentgas war ich froh, dass dieser Sensor wieder Normalwerte wie die anderen Sensoren zeigte.

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Es war Zeit zu gehen. Wir glitten am Oberdeck entlang, die Strömung trug uns zur Aufstiegsleine, wir warteten auf dem Grund und schauten ein letztes Mal auf das Heck. Solche Schiffe werden heute nicht mehr gebaut. Widerwillig verließen wir den Grund und begannen mit dem langen Aufstieg mit den obligatorischen Dekostops. Wir warteten, dass  Mikko auftauchte, überzeugt davon, dass dies wirklich die Burma Maru war. Nachdem wir sein Video angeschaut hatten,  gab es keinen Zweifel! Die Aufnahmen waren der Beweis.

Die Nacht brach rasch herein. Ich glitt in einen leichten Schlaf, in dem Bewusstsein, dass wir die Lage eines weiteren „Kriegsopfers“ markiert hatten.

Am folgenden Tag standen wir früh auf. Wir ankerten 200 Meter leewärts des Schiffes. Die Wettervorhersage war gut, und der Morgen brachte eine sanfte Dünung. Leon und ich wollten zum Brückenbereich abtauchen, um zu sehen ob es Spuren des Torpedoangriffs gab. Laut Kriegslogbuch von Kommandant CC Smith hatte ein Torpedo aus dem zweiten Angriff genau vor der Brücke eingeschlagen. Das führte offenbar dazu, dass das Schiff abrupt stoppte, ruhig im Wasser lag und in den 12 folgenden Minuten langsam über den Bug absackte. Würden wir den Beleg für diese Theorie finden? Es würde die letzte Chance auf dieser Reise sein, dies herauszufinden, weil wir Zeit benötigen würden, beim letzten Tauchgang unsere Ausrüstung zu bergen.

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Wir gingen ins Wasser. Wieder war die Strömung reißend und wir verloren wertvolle Zeit, dagegen anzugehen. Die Sichtweite auf dem Grund betrug 10 Meter. Wir bewegten uns hinter den Schornstein und stießen auf ein großes Sprachrohr aus Messing und gleich darauf auf den Brücken-Telegraphen. Ein klarer Hinweis für unsere Position auf dem Wrack. Die Brücke war in sich zusammengefallen und die Natur schlug ihre Decke über dieses einst so stolze Schiff. Kurz vor unserer Abbruchzeit schaute ich über den Rand Richtung Bug. Da war ein Schaden auf  der Backbordseite, aber die Sicht war gerade mal ausreichend, um das verdrehte Metall in einer Wolke verschwinden zu sehen. War der Bug noch dran oder war er durch die wilde Explosion abgerissen worden, die dieses Schiff zu seiner letzten Ruhestätte auf den Grund des Ozeans geschickt hatte? Unsere Zeit ging zu Ende. Diese Frage würde unbeantwortet bleiben müssen bis zum nächsten Team, dass das Glück haben würde, diese Reise zu machen.

 

Das gesamte Team bedankt sich noch ganz herzlich beim Dive Shop Cambodia die alle Gase sowie einen Kompressor für die Expedition zur Verfügung gestellt haben.


Autor: Tim Lawrence