Enge Verbindung zwischen Tiefenströmungen und Klima

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21.04.2017 08:52
Kategorie: News

GEOMAR-Forscher veröffentlichen Langzeitbeobachtungen aus der Labradorsee

Die Labradorsee im nordwestlichen Nordatlantik gehört zu den Schlüsselstellen der globalen Ozeanzirkulation. Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel betreibt dort seit 1997 eine Reihe von Messstationen, die die Strömungen von der Oberfläche bis zum Meeresboden überwachen. GEOMAR-Ozeanographen veröffentlichten jetzt eine Auswertung ihrer Messdaten von 1997 bis 2014. Sie zeigen eine enge Verbindung zwischen Tiefenströmungen und Klimaschwankungen auf verschiedenen Zeitskalen.
 

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Milde Winter in Nordeuropa, Regenfälle in Westafrika, Hurrikane in Nordamerika – mit der Energie, die die großen Meeresströmungen rund um die Erde verteilen, beeinflussen sie sowohl das globale Klima als auch regionale Wetterphänomene. Eine der Schlüsselregionen für die globale Ozeanzirkulation befindet sich in der Labradorsee zwischen Nordamerika und Grönland. Dort kühlt sich warmes, salzhaltiges Wasser, das nahe der Meeresoberfläche aus dem Süden herantransportiert wird, so stark ab, dass es in die Tiefe sinkt. Von dort aus bewegen sich die Wassermassen im tiefen Ozean wieder in Richtung Süden. Damit ist das Gebiet eine der Regionen, die entscheidend zur globalen Umwälzbewegung im Weltozean beitragen.

Am südlichen Ausgang der Labradorsee unterhält das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel seit 1997 fest verankerte Messinstrumente, die alle Ebenen dieses Strömungssystems erfassen. Jetzt veröffentlicht ein Team von vier Ozeanographen die bisher vollständigste Analyse der dort gewonnenen Daten in der internationalen Fachzeitschrift Journal of Geophysical Research Oceans. „Wir konnten aus der Analyse der Messdaten Zusammenhänge zwischen den nach Süden gerichteten Tiefenströmungen und den Windsystemen über dem Nordatlantik nachweisen, die bisher unbekannt waren“, sagt Rainer Zantopp vom GEOMAR, Erstautor der Studie.

Die ozeanographischen Observatorien des GEOMAR liegen bei 53 Grad nördlicher Breite am westlichen Rand der Labradorsee. Sie bestehen aus einer Reihe von Strömungsmessern und Sensoren für Temperatur und Salzgehalt, die an Ketten und Stahlseilen angebracht sind. Am unteren Ende halten Gewichte die sogenannten Verankerungen am Meeresboden, Auftriebskörper ziehen die oberen Enden Richtung Oberfläche. „So können wir die Meeresströmungen von knapp unter der Oberfläche bis knapp über dem Grund erfassen“, erklärt Rainer Zantopp. Zusätzlich flossen in die Studie Daten ein, die die Forschenden bei insgesamt 13 wissenschaftlichen Ausfahrten in dem Gebiet zwischen 1996 und 2014 erhoben haben - mehrheitlich mit den deutschen Forschungsschiffen „METEOR“ und „MARIA S. MERIAN“, sowie mit dem französischen Forschungsschiff „THALASSA“.

Die Auswertung ergab, dass die nach Süden gerichteten Tiefenströmungen am westlichen Rand des Atlantiks Schwankungen auf verschiedenen Zeitskalen aufweisen. Besonders überrascht waren die Autoren von der tiefsten Strömung nahe am Meeresboden des Nordwestatlantiks. „Sie ist zwar konstanter als die der oberen Stockwerke, variiert aber in einem fast zehnjährigen Rhythmus“, berichtet der Kieler Ozeanograph.

Bei der weiteren Analyse erwiesen sich die Schwankungen der tiefsten Strömung als synchron mit denen der Windsysteme über dem Nordatlantik. Sie werden maßgeblich vom Druckverhältnis zwischen dem Azorenhoch und dem Islandtief, der sogenannten Nordatlantischen Oszillation (NAO), beeinflusst. „Die Stärke der Tiefenströmung aus der Labradorsee in Richtung Süden weist ähnliche Schwankungen auf wie die NAO“, so Rainer Zantopp. „Wir waren überrascht, das Signal so klar in unseren Messdaten wiederzufinden.“

Diese Erkenntnis ist von großer Bedeutung für die Klimaforschung insgesamt: „Je besser wir das Wechselspiel zwischen Ozean und Atmosphäre verstehen, desto zuverlässiger können wir natürliche Schwankungen und von Menschen verursachte Veränderungen unterscheiden und so Prognosen über zukünftige Entwicklungen erstellen“, betont Rainer Zantopp.

Link zur Studie: onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/2016JC012271